Finanzieren & Kaufen
Recht
Bauen & Renovieren
Sichern & Versichern
Wohnen
Garten & Balkon

Was bedeutet nachhaltig bauen?

Die nachhaltige Betrachtung eines Gebäudes umfasst ein breites Spektrum von sozialen, ökologischen und ökonomischen Faktoren. Auch gesundheitliche und baubiologische Anforderungen sind bei der Planung eines nachhaltigen Gebäudes ebenso wichtig wie Termine und Kosten. Zu beachten ist die Umweltbelastung im gesamten Lebenszyklus von Gebäuden.

Das nachhaltige Bauen umfasst ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte, die die Qualität eines Bauwerks erhöhen.
Das nachhaltige Bauen umfasst ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte, die die Qualität eines Bauwerks erhöhen.

45 Prozent des globalen Energieverbrauchs werden für die Erstellung und den Betrieb von Gebäuden benötigt. Beim Materialverbrauch liegt der Anteil bei 40 Prozent. Ökologisches und nachhaltiges Bauen hat deshalb die Absicht, die Energie- und Stoffflüsse zu reduzieren. In eine umfassende Nachhaltigkeitsbilanz muss der Gesamtaufwand für Baustoffe und deren Erzeugung, für die Transporte sowie den Rückbau eingerechnet werden.

Zu den Kriterien für eine ökologische Bauweise gehören unmittelbar beeinflussbare Faktoren, wie die Qualität der Baustoffe oder die Bauweise. Eine gut gedämmte Gebäudehülle verhindert den Verlust von wertvoller Heizwärme und hilft, viel Energie zu sparen. Studien zeigen allerdings gewisse Zielkonflikte auf: Je mächtiger eine Dämmschicht ist, umso mehr steigen Materialaufwand und Ressourcenverbrauch. Nachhaltiges Bauen beginnt deshalb mit einer Abwägung, wie die Umsetzung auf technischer, ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene optimiert werden soll. 

Standortklima: Belichtung und Ausrichtung

Wesentliche Bedeutung für den externen Energiebedarf und das Nutzerbefinden in einem Gebäude kommt dem natürlichen Lichteinfall zu. Das UV-Licht der Sonnenstrahlen regt im menschlichen Organismus die Zirbeldrüse an, die als Zentrum für die Erzeugung von Glücksgefühlen fungiert. Das Öffnen der Gebäudefassaden zur Sonne verbessert die passive Wärmebilanz, wobei dem sommerlichen Hitzeschutz zunehmende Beachtung zu schenken ist. Für eine baubiologische Gebäudeplanung ist der Lichteinfall ein ganzheitliches Gestaltungselement, das sich positiv auf das Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner auswirkt.

Die geografische Ausrichtung des Gebäudes kann neben klimatischen Faktoren aber auch den Charakter seiner Bewohner und Bewohnerinnen berücksichtigen: introvertiert beziehungsweise extrovertiert.

Funktionalität und Ergonomie nachhaltig planen

Da langanhaltendes ruhiges Sitzen und immer wiederkehrende gleiche Bewegungen für das moderne Leben charakteristisch sind, gehört der Einbezug der menschlichen Ergonomie zu einer gesundheitsfördernden Bauweise. Bei der Planung ist deshalb auf die Struktur von Gebäuden und Wohnungen zu achten, so dass sie möglichst auf die Bedürfnisse ihrer Bewohner zugeschnitten sind. Weite Verbindungswege sind für alltägliche Erledigungen physiologisch ebenso nachteilig wie steile oder verwinkelte Treppen. Auch Räume und Möbel sollen nicht nur funktional, sondern auch ergonomisch konzipiert und gestaltet werden. Dies gilt insbesondere für die Einrichtung von Küche, Bad oder für Sitz- und Ruhegelegenheiten im Schlaf- oder Wohnbereich.

Nachhaltiges Bauen verbessert Raumklima

Die Wohlstandsgesellschaft hält sich immer häufiger und länger in geschlossenen Räumen auf. Die Lufthygiene in Gebäuden und im Innenraum ist deshalb massgeblich für Gesundheit und Lebensqualität: Feuchtigkeitshaushalt, Luftgeschwindigkeit, Frischluftzufuhr und die Atmungsaktivität von Oberflächen müssen passend ausgelegt werden und die betreffenden ökologischen und wohnhygienischen Anforderungen auf jeden Fall erfüllen.

Ungünstige bauphysikalische Bedingungen erhöhen das Risiko von Schimmelpilzbefall in Nasszellen und im Wohnbereich von Gebäuden. Bereits lange bevor ein Befall sichtbar wird, kann sich das Wurzelgeflecht der Pilze (Mycel) in Wand, Boden und Hohlräumen verbreiten. Gelangen die Stoffwechselprodukte der Pilze über die Raumluft in die Atemluft, kann dies zu Allergie- und Asthmahäufungen und leichten Vergiftungen führen. Synthetische Baustoffe wie zum Beispiel abdichtende Dispersionsfarben fördern die Schimmelpilzbildung und sind für Oberflächen in Wohn- oder Arbeitsräumen wenig empfehlenswert.

Nachhaltigkeit beeinflusst die Wohnpsychologie

Der Mensch bildet eine Ganzheit von Körper, Geist und Seele. Ist das Gleichgewicht dieser Einflüsse gestört, kann Körper, Gedankenwelt oder Psyche darunter leiden. Positives Denken ist das Fundament jeder Gesundheit. Teilweise können körperliche Erkrankungen erst durch negatives Denken oder eine depressive Grundhaltung ausgelöst oder verstärkt werden.

Einige Ursachen können im Raumklima begründet liegen: Elektrosmog, Chemikalien oder mangelhafte, unstimmige Belichtung belasten nicht nur Körper und Organismus, sondern reduzieren auch das geistige und psychische Wohlbefinden. Wohltuende und harmonische Räume steigern zudem die Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrer gebauten Umgebung.

Zum psychischen Wohlbefinden im Gebäude trägt eine bewusste Wahl von Farben bei. Jede Farbe hat eine spezifische Wirkung. Dabei besteht sowohl die Möglichkeit, Farbe in Form von unveränderten Materialien wie Naturstein, Holz und Metalle einzusetzen, oder auch mit Pigmenten Farbanstriche auszuführen. Mit Gebäudestandards wie Minergie-ECO oder Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz werden soziale und gesundheitsfördernde Aspekte beim Bauen bevorzugt.

Nachhaltiges Bauen unterstützt Ökologie und Umweltschutz

Nicht nur die Gebäudelabels, sondern auch die Baugesetze lassen diesen roten Faden erkennen: Der Gebäudesektor Energie muss sparen und den CO2-Ausstoss reduzieren, um das Klima nicht nachteiliger zu verändern. Die Sorgfalt beschränkt sich aber nicht nur auf Energieflüsse im Gebäudebetrieb, sondern sie gilt auch für den Materialumsatz und die Erstellung: Die Ressourceneffizienz ist in allen Phasen der Produktions- und Verarbeitungsprozesse zu verbessern. Mineralische und endliche Rohstoffe, die mit viel Aufwand gewonnen und verarbeitet werden, verursachen viel «graue Energie» und erzeugen ein hohes Mass an indirekten Treibhausgasemissionen, verteilt über die Welt.

Das Planen von ökologischen Gebäuden berücksichtigt deshalb den gesamten Lebenszyklus: von den Produktelinien und Lieferketten über die Verarbeitung bis hin zum Rückbau und zur Entsorgung. Die Nachteile bestehender Bautechniken lassen sich mit einer zirkulären Bauweise, die vermehrt auf nachwachsende Baustoffe oder wiederverwendbarer Bauteile setzt, teilweise heute schon vermeiden.

Mit Hilfe von Ökobilanzen lassen sich Gebäudekonzepte und Materialien bestimmen, die in Bezug auf eine geringe Umweltbelastung oder einen verbesserten Klimaschutz optimiert sind. Fachleuten aus Architektur und Fachplanung bieten sich dazu etablierte Planungsinstrumente an. Damit können, parallel zu einer Projektierung, jeweils die Menge an nicht erneuerbarer Primärenergie oder der indirekte CO2-Ausstoss einzelner Bauteile erfasst und bezüglich eines geplanten Gebäudes bewertet werden.

Produktedeklaration, Recycling und Eco-Zertifikat für nachhaltiges Bauen

Die graue, nicht erneuerbare Energie von einzelnen Bauteilen ist lässt unmittelbar auf die Klimaschädlichkeit ihrer Produktion schliessen. Auf europäischer Ebene werden deshalb Bauprodukte auf den Markt gebracht, die mit einer Deklaration von Umwelt- und Energieindikatoren versehen sind. Solche Produkte sind auch im Inland erhältlich, wobei die Angaben nur bedingt laienverständlich sind. Demgegenüber ist bei einer Produkteevaluation zu empfehlen, jeweils herstellerspezifische Recyclingkanäle zu erfragen. In den Baustoffkategorien Beton und Dämmstoffe hat sich eine Rücknahme von Abbruchelementen teilweise schon etabliert. Generell gilt aber: Für eine Zertifizierung des Gebäudestandards Minergie-ECO ist die Berücksichtigung von Recyclingbeton Pflicht. Und zudem sind weitere Kriterien für ein wiederverwertbares, Ressourcen schonendes Bauen zu erfüllen.

Graue Energie: Funktionsbezogener Bauteilvergleich

Werden Gebäude im Lebenszyklus bilanziert, wird ein Zusammenhang zwischen dem Aufwand zur Steigerung der Energieeffizienz respektive dem Ausbau der lokalen Energieerzeugung und der grauen Energie sichtbar. Zum Beispiel beim Dämmen: Je grösser der Aufwand, die Gebäudehülle abzudichten, umso mehr graue Energie wird in ein Gebäude hineingesteckt. Kunststoffbasierte Materialien verschlechtern diese Bilanz: Polystyrolplatten oder Polyurethan-Dämmstoffe werden aus Rohöl hergestellt und besitzen daher einen höheren Anteil an grauer, nicht erneuerbarer Energie als mineralische Dämmprodukte wie Stein- und Glaswolle. Dämmmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen – aus Zellulose, Schafwolle oder Stroh – weisen im Gegensatz dazu sehr niedrige Anteile an grauer Energie bezogen auf die Masse auf. Doch bei einer Gegenüberstellung ist weniger die Masse als eine funktionale Einheit zu beachten: Eine identische Dämmwirkung können Produkte mit unterschiedlicher Masse und variabler Dicke erreichen, jeweils abhängig von der Materialherkunft. Baustoffe dürfen einander nur funktionsbezogen gegenübergestellt werden. Dass sich das Dämmen – unabhängig der Produkte – trotzdem fast immer lohnt, hat sich mittlerweile herumgesprochen: Für einen Wärmeschutz, der das Optimum zwischen Energieeffizienz, Dämmwirkung und grauer Energie für den Materialaufwand austariert, dürfen die Aussenwände bis zu 26 cm dick gedämmt werden.

Auch für die lokale Produktion von Wärme oder Strom aus der Sonne gibt der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) Entwarnung: Gemäss interner Berechnungen ist die graue Energie für eine Zusatzinstallationen von Sonnenkollektoren vertretbar; der energetische Aufwand ist so gering, dass dieselbe Menge in weniger als drei Jahren durch die Erzeugung «kompensiert» werden kann. Derselbe bilanztechnische Effekt gilt auch für Photovoltaikzellen: Die graue Energie für deren Produktion kann in wenigen Jahren durch die Produktionserträge theoretisch ausgeglichen werden. In wissenschaftlichen Bilanzierungsmodellen wird von einer solchen Amortisationsrechnung jedoch abgeraten, weil die graue Energie trotz allem konsumiert wird.

SIA-Richtlinien für nachhaltiges Bauen

Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) gibt mehrere Instrumente für Planende und Bauherrschaften heraus, die das ökologische Bauen erleichtern und den Stand der Technik abbilden.

Häufige Fragen

  • Artikel von:
  • Baubioswiss, hausinfo
  • Bildmaterial:
  • Getty Images