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Architektur-Reportagen Umbauten

Architektur-Reportagen: Modern wohnen mit alter Bausubstanz

Zeitgemässer Wohnkomfort und gleichzeitig so viel belassen wie möglich: Dieser Grundsatz bestimmte die Sanierung des ältesten Wohngebäudes im Berner Dorf Oppligen.

(mei) Wer vom Leben im Bauernhaus träumt, denkt bestimmt nicht an so etwas: eine Aussentreppe hochsteigen zu müssen, bloss wenn man ins Obergeschoss will. Genau dies war jedoch der Alltag des Bauherrenpaares, nachdem es in ein 1697 erbautes Bauernhaus in Oppligen eingezogen war. Denn bei den Zimmern oben handelte es sich um die einstigen Gaden. Dort wohnten früher Mägde und Knechte, die einen eigenen Zugang zu ihren Zimmern hatten. Immerhin: Die Bauherren konnten ihre Kinder durch ein Ofenloch in der Decke des Erdgeschosses in die obere Etage schieben. 1988 hatten sie das Bauernhaus von den Eltern des Bauherrn gekauft. 1994 vermieteten sie es, weil sie aus beruflichen Gründen von Oppligen wegziehen mussten. 2017, als die Kinder flügge geworden waren und sich die beruflichen Bedingungen geändert hatten, kehrten sie in ihr Haus zurück. Für beide war klar: Das Bauernhaus musste umfassend saniert und in puncto Wohnkomfort deutlich aufgewertet werden.

Architektur-Reportage Oppligen: imposanter Anblick des renovierten Bauernhauses
Das 1967 erbaute Bauernhaus in Oppligen ist das älteste Wohngebäude der Gemeinde.

Alles begann mit einer guten Planung

Als Architekten engagierten sie Urs Ewald vom Steffisburger Architekturbüro Dällenbach Ewald, weil dieser bereits Erfahrung mit schonenden Sanierungen von alten, denkmalgeschützten Wohngebäuden hatte. Nach einer Gebäudeaufnahme, einer Substanzanalyse und einer Studie zu möglichen baulichen Eingriffen erstellte Urs Ewald ein Konzept, das er der Denkmalpflege vorlegte. Ziel war es, möglichst viel von der Bausubstanz zu erhalten. Gleichzeitig sollten punktuelle bauliche Eingriffe das Wohnen im einstigen Bauernhaus angenehm machen. Die Denkmalpflege gab grünes Licht, sodass noch 2017 die 9-monatige Sanierung des Wohnteils des Bauernhauses – der Ökonomieteil wurde nicht verändert – beginnen konnte. 

Architektur-Reportage Oppligen: Esszimmer und Stube in Holz
Weil der Boden abgesenkt wurde, beträgt die Raumhöhe im Wohnzimmer und im Esszimmer nun deutlich über zwei Meter.

Neue Raumhöhen sorgen für Wohlbefinden 

Als Glücksfall erwies sich, dass das Bauernhaus von Renovationen bislang «verschont» geblieben war. «Die ursprüngliche Bausubstanz war weitgehend erhalten. Einzig das Dach war ersetzt worden», sagt Urs Ewald. «Wo nötig, nahmen wir Ausbesserungen und vereinzelt einen Einsatz vor.» Der Grundriss wurde ebenfalls angepasst. So wurde ein neues Bad eingerichtet, dessen Fläche dem alten Ökonomieteil entnommen wurde. Ins Obergeschoss gelangen die Bauherren nun über eine Innentreppe und eine Brücke. Letztere verläuft durch die Küche, deren Höhe als einziger Raum im Gebäude zwei Geschosse umfasst. Alle anderen Räume hingegen waren wegen der tiefen Decken niedrig. Aus diesem Grund wurde im Erdgeschoss der Boden abgesenkt und im Obergeschoss die Decke erhöht, sodass sich überall eine Mindestraumhöhe von 2.05 Metern ergab. Diese ist zwar immer noch nicht luxuriös, doch im Unterschied zu früher erlaubt sie es erwachsenen Personen, im Obergeschoss aufrecht stehen zu können. Wenige, aber gezielte Öffnungen in der Gebäudehülle bringen mehr Tageslicht ins Innere. Weiter wurde das Haus teilweise begradigt. Eine bessere Dämmung der Aussenhülle und die Installation einer Heizung – der alte Trittofen im Wohnzimmer war einst die einzige Heizmöglichkeit – brachten das Gebäude auch energetisch in die Gegenwart. 

Architektur-Reportage Oppligen: ästhetische, luftige Küche aus Holz
Die luftige und helle Küche ist der Blickfang des Hauses.

Die Küche bleibt das Herzstück 

Blickfang des Hauses ist auch nach der Sanierung die Küche, die früher als Rauchküche gedient hatte. Die alten Stangen, an denen einst Würste aufgehängt wurden, blieben als Erinnerung erhalten. Fast unangetastet blieben auch die Holzwände und die Holzdecke. Die Kücheneinrichtung jedoch ist neu. Um die fünf Meter lange Rückseite der Küchenschränke – alles Unterschränke – sowie die Abdeckung an die unebene Wand anzupassen, hat der Küchenbauer diese mit einem Laser ausgemessen. Mit ihren mattschwarzen Fronten ist die Küche klar der heutigen Zeit zugewiesen. «Der deutliche Kontrast zwischen Alt und Neu ist gewollt», sagt Urs Ewald: «Wir wollten bei der Sanierung neue Elemente nicht auf alt machen, sondern sie als die modernen Neuerungen ausweisen, die sie sind. Auch beim Holzersatz haben wir deshalb bewusst einen Kontrast zum bestehenden Holz gewählt.» Die Bauherren sind über das Ergebnis der Sanierung dank des gewonnenen Komforts glücklich. Günstig war sie allerdings nicht: Wegen der vielen Arbeit an der alten Substanz und der sorgfältigen Ergänzung mit Neuem entsprechen die Kosten in etwa einem Neubau. 

Architektur-Reportage Oppligen: grosses und luxuriöses Bad mit Holzelementen
Im grosszügigen Bad erinnert nichts mehr daran, dass hier einst Heu aufbewahrt wurde.
Architektur-Reportage Oppligen: eine Brücke unter dem Dach verbindet die Geschosse
Die neue Brücke verbindet die beiden Geschosse.
  • Artikel von:
  • hausinfo
  • Bildmaterial:
  • Christian Helmle