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Wohneigentum abtreten ohne Streit in der Familie

Wenn Sie Ihr Wohneigentum Ihren Nachkommen abtreten, müssen Sie einige wichtige Punkte beachten. Die Entscheidung hat finanzielle, erbrechtliche und allenfalls steuerliche Konsequenzen. Ausserdem kann sie die Familie belasten.

Wenn Sie Ihr Haus zu Lebzeiten abtreten wollen, reden Sie mit Ihren Kindern. Das macht vieles einfacher.
Wenn Sie Ihr Haus zu Lebzeiten abtreten wollen, reden Sie vorher mit einer Fachperson. Und mit Ihren Kindern. Das macht vieles einfacher.
(rh) Immer mehr Eltern treten ihr Wohneigentum zu Lebzeiten ihren Kindern ab. Weil sie in eine kleinere Wohnung, ihr Ferienhaus oder ein Pflegeheim ziehen. Oder weil sie glauben, ihr Eigentum besser schützen zu können, falls sie eines Tages die Kosten für das Heim nicht mehr bezahlen können. Das funktioniert allerdings wegen der Pflicht zur Verwandtenunterstützung nur selten, weil die Gemeinden die Fürsorgeleistungen nahen Verwandten in Rechnung stellen dürfen, zum Beispiel Kindern, Eltern oder Grosseltern.

Erbvorbezug oder Schenkung?

Wenn die Eltern entschieden haben, wem sie das Haus oder die Wohnung abtreten wollen, sollten sie sich überlegen wie. Grundsätzlich gibt es zwei Varianten:

  • Erbvorbezug mit Ausgleichungspflicht: Der Erbe muss bei der späteren Erbteilung ausgleichen, was der Erblasser ihm zur Anrechnung an sein Erbteil übertragen hat. Weil Immobilien meistens den grössten Wertanteil haben, kann das hohe Ausgleichszahlungen bedeuten. Darum ist es wichtig, vor dem Vorbezug zu klären, wie die Erbin oder der Erbe die anderen Erben ausbezahlen will.
  • Schenkung: Wie beim Erbvorbezug können die anderen Erben auf Ausgleichung oder Herabsetzung klagen, falls ihr Pflichtteil verletzt worden ist. Der beschenkte Erbe muss sie auszahlen, wenn die Immobilie mehr wert ist als ihm zusteht. Darum ist es sinnvoll, wenn die Eltern vor der Schenkung ein Inventar erstellen, das Haus oder die Wohnung professionell bewerten lassen und die Pflichtteile aller Erben schätzen.

Eine Abtretung zu Lebzeiten hat Konsequenzen. Darum lohnt es sich, sich professionell beraten zu lassen. Und darum müssen Erbvorbezüge und Schenkungen öffentlich beurkundet werden.

Gleichbehandlung und Ausgleich

Die Eltern dürfen mit ihrem Eigentum tun, was sie wollen. Ihre Nachkommen können weder Erbvorbezug noch Schenkung verhindern. Sie können zu Lebzeiten ihrer Eltern auch nicht verlangen, gleich behandelt zu werden. Erst nach ihrem Tod können sie Gleichbehandlung fordern und, falls nötig, auf Ausgleich klagen. Ausser, wenn ihre Eltern schriftlich festgelegt haben, dass der Erbvorbezug oder die Schenkung nicht ausgleichungspflichtig ist. Dann können sie nur klagen, wenn ihr Pflichtteil verletzt worden ist.

Wohnrecht oder Nutzniessung?

Häufig wollen die Eltern noch nicht ausziehen und bedingen sich darum ein lebenslanges Wohnrecht oder Nutzniessungsrecht aus:

  • Wohnrecht: Die Eltern sind berechtigt, weiterhin im Haus oder in der Wohnung zu wohnen. Dafür tragen sie alle Ausgaben für Heizung, Wasser, kleinere Reparaturen usw. selbst.
  • Nutzniessungsrecht: Die Eltern sind berechtigt, weiterhin im Haus oder in der Wohnung zu wohnen oder die Räume zu vermieten und die Mieteinnahmen zu behalten. Dafür bezahlen sie die Hypothekarzinsen, die Versicherungsprämien und alle Unterhalts- sowie Nebenkosten.

Eine Übersicht über alle wichtigen Punkte und Unterschiede finden Sie in unserem Artikel «Was ist sinnvoller: Nutzniessung oder Wohnrecht?».

Der Abtretungsvertrag

Abtretungsverträge für ein Wohnrecht oder eine Nutzniessung mit Anrechnung an künftige Erbschaften müssen öffentlich beurkundet werden, wenn es um Grundstücke (Häuser, Wohnungen, Bauland) geht. Im Vertrag werden die wichtigsten Eckpunkte der Abtretung festgehalten:

  • Parteien
  • Abtretungsversprechen
  • Grundstück
  • Gegenleistung
  • Andere Bestimmungen
  • Ort und Datum

Steuerfolgen von Abtretungen

Eine Abtretung mit Anrechnung an eine künftige Erbschaft wird in den meisten Kantonen besteuert. Im Kanton Bern beispielsweise werden alle Zuwendungen unter Lebenden sofort mit der Schenkungssteuer belegt, wenn der Beschenkte steuerpflichtig ist. Die Ehepartner und Nachkommen sind steuerbefreit. Bei einer Abtretung fällt keine Grundstückgewinnsteuer an.

Wenn das Haus in der Familie bleiben soll

Mit dem Rückkaufsrecht, dem Gewinnbeteiligungsrecht und dem Vorkaufsrecht können Eltern dafür sorgen, dass ihr Haus in Familienbesitz bleibt. So schützen sie sich und die anderen Erben davor, dass die Erbin oder der Erbe nach dem Vorbezug oder der Schenkung das Haus zum Marktpreis verkauft und darum mehr profitiert als geplant.

  • Rückkaufsrecht: Die Eltern behalten sich das Recht vor, das Haus zu einem festgelegten Preis zurückzukaufen. Dieses Recht kann für bis zu 25 Jahre vereinbart und im Grundbuch vermerkt werden. Wenn das Recht im Grundbuch steht, gilt es auch, wenn der Erbe das Haus einem Dritten verkauft. Dieser muss bis zum Ablauf des Rückkaufrechts damit rechnen, dass die Erben das Haus zum vereinbarten Preis zurückkaufen. Dieses Risiko geht wohl kaum jemand ein.
  • Gewinnbeteiligungsrecht: Der Erbe verpflichtet sich, die Eltern und die anderen Erben am Gewinn zu beteiligen, falls er das Haus vor der vereinbarten Frist verkauft. Der Gewinn ist die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Vorzugspreis, den die Eltern dem Erben gewährt haben. Von diesem Betrag kann der Erbe die Grundstückgewinnsteuer und allfällige wertvermehrende Investitionen abziehen. Sinnvollerweise wird das Gewinnbeteiligungsrecht mit dem Vorkaufsrecht verknüpft.
  • Vorkaufsrecht: Der Erbe räumt den Eltern und anderen Erben ein Vorkaufsrecht ein. Dieses Recht kann für bis zu 25 Jahre vereinbart und im Grundbuch vermerkt werden. Wenn die Erbin oder der Erbe das Haus verkaufen will, informiert der Grundbuchverwalter alle Vorkaufsberechtigten. Diese haben drei Monate Zeit, sich zu entscheiden. Wenn das Vorkaufsrecht mit dem Gewinnbeteiligungsrecht kombiniert wird, können sie das Vorkaufsrecht ausüben oder die Gewinnbeteiligung verlangen.

Fazit: Planen Sie Ihren Nachlass frühzeitig

Wenn Sie Ihr Wohneigentum zu Lebzeiten abtreten wollen, reden Sie mit einer Fachperson. Und mit Ihren Nachkommen. Ihre Entscheidung hat finanzielle, erbrechtliche und allenfalls steuerliche Konsequenzen. Je besser Sie die Abtretung planen, desto entspannter können Sie Ihren Lebensabend geniessen, weil sich Ihre Nachkommen nicht um die Erbschaft streiten werden.

Häufige Fragen

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