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Eine Kooperation mit den Fachpersonen der GVB

Gefahrenkarten zeigen Risiko durch Naturgefahren

Naturgefahren bergen zahlreiche Risiken für Hab und Gut und Personen. Parallel zur Siedlungsentwicklung sind die Gemeinden verpflichtet, Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Sie stützen sich dabei auf die Gefahrenkarten der Kantone oder Gemeinden.

Schweizer Karte
Gefahrenkarten geben Aufschluss über potenzielle Naturgefahren.

(stö) Nach starken Regenfällen traten am 8. und 9. August 2007 zahlreiche Bäche und Flüsse über die Ufer, überfluteten zahlreiche Ortschaften und unterbrachen Verkehrsverbindungen. Es war bereits das vierte Jahrhunderthochwasser in der Schweiz seit 1999. 2017 kam es im Bündner Dorf Bondo zum schlimmsten Bergsturz seit Jahrzehnten. 2018 führten Überschwemmungen, Rutschungen und Murgänge schweizweit zu Unwetterschäden von rund 200 Mio. Franken. Auch im Juni 2021 hatten verheerende Unwetter eine Schadenssumme von mindestens 200 Millionen Franken zur Folge. Und 2022 führten kleinere, dafür aber zahlreiche Schadenereignisse – mehrheitlich verursacht durch Naturgefahren – zu 32'375 Schadensmeldungen allein bei der Gebäudeversicherung des Kantons Bern. 

Pflicht zur Erarbeitung von Gefahrenkarten

Aufgrund verheerender Schäden durch Unwetter 1987 erfolgte auf nationaler Ebene ein Paradigmenwechsel von der reinen Gefahrenabwehr hin zu mehr Vorsorge. Die Bundesgesetze über den Wasserbau und den Wald wurden 1991 entsprechend den Erkenntnissen aus dem Hochwasser von 1987 angepasst, indem beispielsweise die Pflicht zur Erarbeitung von Gefahrenkarten festgehalten wurde. Seither sind Kantone oder Gemeinden verpflichtet, flächendeckende und parzellenscharfe Gefahrenkarten für Hochwasser, Lawinen, rutschende Hänge sowie Steinschläge und Felsstürze zu erstellen. Das Bundesgesetz über den Wasserbau und den Wald bildet dazu die Grundlage. Ziel ist es, Bauzonen und Siedlungsflächen wirksam zu schützen. Die Gefahrenkarten haben einen Einfluss auf die Ein- und Auszonung in der Nutzungsplanung. Durch die Gefahrenkartenrevision werden entsprechende Schutzprojekte ausgelöst. Gemeinden müssen die Karten bei Erstellung neuer Bauzonen und Baubewilligungen in Betracht ziehen, um eine Gefährdung von Menschen und Schäden am Eigentum zu verhindern. Hauseigentümer und potenzielle Bauherrschaften tun jeweils gut daran, sich über diese grundeigentümerverbindlichen Grundlagen zu informieren. Heute sind die Gefahrenkarten laut dem Bundesamt für Umwelt grösstenteils erstellt und teilweise in Risikobeurteilungen weiterverarbeitet.

Was ist Gefahr und was ist Risiko?

  • Die Gefahr beinhaltet die Möglichkeit oder das Potential, dass ein Ereignis mit Schadenfolgen eintritt. Der Zeitpunkt des Eintritts, die Art und das Schadensausmass sind jedoch nicht bekannt.
  • Das Risiko beschreibt einen erwarteten Schaden, der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit oder Häufigkeit eintritt. Umgangssprachlich wird der Risikobegriff oft mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet; beispielsweise im Sinne einer Wahrscheinlichkeit («das Risiko ist gross, dass es morgen regnet») oder anstelle des Begriffs der Gefahr.

Gefahrenkarten zeigen die potenzielle Gefährdung eines Gebiets auf. Das Schadenpotential (möglicher Schaden, der bei einem Ereignis auftreten könnte) kann dabei im gelben Gefahrengebiet trotz der geringsten Gefährdung höher sein als im blauen oder roten Gefahrengebiet. Die verschiedenen Farben der Gefahrenkarten kommen durch die unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten (Wiederkehrperioden) und erwarteten Intensitäten (z.B. bei Hochwasser Fliesstiefen und Fliessgeschwindigkeiten) zustande.

Risikokarten dienen der risikobasierten Massnahmenplanung und sind eine Weiterentwicklung der Gefahrenkarte. Sie zeigen neben den gefährdeten Gebieten (= Gefahrenkarte) auch die betroffenen Werte (z.B. Personen, Sachwerte, Versorgung, Kultur und Umwelt) und können so beispielsweise zur Priorisierung von Schutzmassnahmen beitragen.

Einstufung von Schadensereignissen und Gefahren

Bei der Erarbeitung oder Revision von Gefahrenkarten setzen sich Fachleute (z.B. Geologen, Forst- und Bauingenieure, Geografen) vertieft mit einem Gebiet auseinander. In die Erarbeitung von Gefahrenkarten fliessen sowohl historische Quellen, vergangene Ereignisse wie auch Berechnungen und Computersimulationen ein. Dabei werden in einem ersten Schritt sämtliche Gefahrenquellen identifiziert, die eine potenzielle Gefahr für das Gebiet darstellen. In einem zweiten Schritt werden die Szenarien definiert, die festlegen, mit welcher Häufigkeit welche Intensitäten zu erwarten sind. Produkt von diesem Schritt sind die sogenannten Intensitätskarten pro Prozessquelle, die pro Wiederkehrperiode (30-, 100- und 300-jährlich) die zu erwartenden Intensitäten darstellen. Im letzten Schritt wird die Gefahrenkarte pro Prozessquelle berechnet, die in den Farben gelb, blau und rot sowie gelb-weiss gestreift (Restgefährdung) darstellt, wie gefährdet ein Gebiet ist. Die Gefahrenkarten werden nach Abschluss der Erarbeitung in die Nutzungsplanung überführt und umgesetzt. Nicht berücksichtigt wurde das Oberflächenwasser, aufstossendes Grundwasser oder Rückstau in Kanalisationen.

Die verschiedenen Farben der Gefahrenkarten bringen den Gefährdungsgrad zum Ausdruck und geben damit erste Hinweise auf die zu erwartenden Folgen für Personen und Gebäude.

Informationen einer Gefahrenkarte

Gefahrenstufe Gefährdung Charakteristik Konsequenzen
rot erheblich Personen sind in- und ausserhalb von Gebäuden gefährdet. Mit der plötzlichen Zerstörung von Gebäuden ist zu rechnen Keine Ausscheidung neuer Bauzonen; keine Errichtung oder Erweiterung von Bauten.
blau mittel Personen sind innerhalb von Gebäuden kaum gefährdet, ausserhalb liegt eine Gefährdung vor. Mit Schäden an Gebäuden ist zu rechnen, jedoch sind plötzliche Gebäudezerstörungen in diesem Gebiet nicht zu erwarten, falls Auflagen bezüglich Bauweise betrachtet werden. Ausscheidung neuer Bauzonen nur nach Vornahme einer Interessenabwägung; Baubewilligungen nur mit Auflagen.
gelb gering Personen sind kaum gefährdet.Mit geringen Schäden an Gebäuden bzw. mit Behinderungen ist zu rechnen, jedoch können erhebliche Sachschäden in Gebäuden auftreten. Hinweis auf Gefahren; Empfehlungen für bestehende Bauten und Erwägung von Auflagen für Neubauten.
Gelb-Weiss Restgefahr Hinweisbereich über Restrisiko mit sehr geringer Eintretenswahrscheinlichkeit. Hinweis auf Gefahren; Auflagen bei sensiblen Nutzungen und grossem Schadenpotenzial
Weiss Keine oder vernachlässigbar  
Quelle: BAFU: Gefahrenkarten

Lässt sich der Nutzen von Schutzmassnahmen messen?

Gewissheit über die Wirksamkeit von Schutzmassnahmen liefert erst der Ernstfall. Bei Hochwassern, Hangrutschen etc. kann erst nach Eintreten eines Ereignisses mit Bestimmtheit gesagt werden, ob die vorgenommenen Schutzmassnahmen ihren Zweck erfüllen. Dank dem Miteinbezug der Expertise von Fachleuten werden Schutzanlagen und -massnahmen aber so konzipiert, dass im Ernstfall negative Überraschungen äusserst selten sind und die Systeme im Überlastfall gutmütig reagieren.

Raumplanung und Gefahrenkarten

Gefahrenkarten dienen auch dazu, die Konfliktstellen im Siedlungsgebiet auszuräumen und raumplanerische Konsequenzen daraus zu ziehen: im roten Gefahrengebiet können nicht überbaute Bauzonenwieder ausgezont werden. Oder es kann sogar ein Bauverbot ausgesprochen werden. Im gelben und blauen Gefahrengebiet genügt es meistens, die geplanten oder bestehenden Häuser spezifisch zu schützen. Oftmals braucht es aber auch Flächenschutzprojekte. Bei Neubauten im blauen Gefahrengebiet werden im Baubewilligungsverfahren Auflagen zum Objektschutz gemacht. Im gelben Gefahrengebiet ist dies bei sensiblen Vorhaben wie z.B. Spitäler, Bahnhöfe, Chemiefabrik der Fall. Objektschutzmassnahmen bei nicht sensiblen Vorhaben liegen im Ermessen und im Eigeninteresse der Bauherrschaft. Dies kann aber je nach Kanton variieren. Zudem wird bei Neu- resp. Umbauten erwartet, dass die gängigen Baunormen eingehalten werden.

Häufige Fragen

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